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Allgemeine Information
Viele unserer Mandanten informieren sich gerne vorab - häufig auch digital. Wir wissen jedoch aus Erfahrung, dass gerade im Internet viele unzuverlässige oder veraltete Quellen zu finden sind. Lesen Sie lieber direkt hier auf unserer Seite monatlich aktuelle Entscheidungen zum Familienrecht und Erbrecht sowie andere für Sie relevante und interessante Informationen.
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Zum Thema Erbrecht
- Fehlendes Nachlassverzeichnis: Erbe muss trotz nachlässigem Notar Zwangsgeld selbst zahlen
- Gläubiger ausreichend geschützt: Keine Inventarfrist bei bereits eingereichtem Nachlassverzeichnis
- Hoffolgezeugnis gemäß Höfeordnung: Verpachtung bedeutet nicht automatisch Ende von landwirtschaftlichem Betrieb
- Vater muss zahlen: Angemessenheit von Bestattungskosten eines Teenagers auch von emotionalen Faktoren abhängig
- Verweigerte Auskunftserteilung: Wertermittlung kann nicht durch Pflichtteilsberechtigten ersetzt werden
Erben sind dazu verpflichtet, auf Verlangen ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen. Kommt der Erbe dieser gerichtlich festgestellten Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das Gericht Zwangsgeld oder Zwangshaft verhängen. Doch was ist, wenn der Notar trotz Nachhakens des Mandanten damit trödelt? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hatte darauf eine Antwort.
Der zur Auskunft verpflichtete Erbe berief sich darauf, dass der von ihm beauftragte Notar aufgrund einer verzögerten Bearbeitung allein dafür verantwortlich sei, dass das notarielle Nachlassverzeichnis bislang nicht habe erstellt werden können. Er selbst habe zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses alles ihm Mögliche getan und zweimal schriftlich bei dem Notar den Sachstand erfragt. Eine Reaktion hierauf erfolgte durch den Notar nicht. Das Landgericht verhängte daraufhin ein Zwangsgeld gegen den Erben wegen nicht rechtzeitiger Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses - und genau hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde.
Das OLG begründete die Entscheidung zu Lasten des Erben damit, dass es nicht ausreichend sei, sich auf die Leistung des Notars zu verlassen. Der Erbe ist gehalten, aktiv Druck auszuüben, beispielsweise durch das Setzen einer Frist zur Fertigstellung des Nachlassverzeichnisses. Kommt der Notar dieser Verpflichtung innerhalb der Frist nicht nach, bestehe die Möglichkeit, eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde anzudrohen oder zu erheben. Insgesamt sei es jedenfalls erforderlich, dass der Erbe alle zumutbaren Schritte unternimmt, um das geforderte Verzeichnis zu beschaffen. Darüber hinaus wies das Gericht auch darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, ob der Schuldner absichtlich oder schuldhaft gehandelt hat. Entscheidend sei allein, ob er alles in seiner Macht Stehende unternommen hat, die Auskunftspflicht zu erfüllen.
Hinweis: Für die Verhängung des Zwangsmittels kommt es darauf an, ob die Mitwirkungshandlung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts fehlt. Der Erbe hat daher zur Vermeidung von Zwangsmitteln die Möglichkeit, die fehlende Mitwirkungshandlung bis zum Erlass der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nachzuholen.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 28.03.2025 - 3 W 21/25
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein notarielles Nachlassverzeichnis durch den Erben bereits erstellt und beim Nachlassgericht eingereicht worden war. Dennoch wurde dem Erben eine Frist zur Erstellung eines Inventars gesetzt. Zu Recht?
Mit einer Inventarfrist kann ein Pflichtteilsberechtigter Druck auf den Erben ausüben, ein Nachlassverzeichnis zu errichten. Nach Ablauf dieser Frist kann der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten sogar mit seinem Privatvermögen haftbar gemacht werden. Hier hatte der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis über seinen Anwalt beim Nachlassgericht bereits eingereicht - verbunden mit der Erklärung, dass es als Inventar im Sinne des Gesetzes gelten solle.
Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG waren der Ansicht, dass in einem Fall, in dem der Erbe bereits ein notarielles Nachlassverzeichnis hat erstellen und bei Gericht einreichen lassen, keine Notwendigkeit mehr bestehe, eine zusätzliche Frist zur Erstellung eines Inventars zu setzen. Der Nachlassgläubiger erhalte durch das bereits vorhandene Verzeichnis einen Überblick über den Bestand des Nachlasses und auch über mögliche Vollstreckungsgegenstände. Dadurch seien seine Rechte ausreichend gewahrt. Ein bereits eingereichtes, vollständiges notarielles Nachlassverzeichnis erfülle den gesetzlichen Zweck - völlig unabhängig davon, aus welchem Anlass es erstellt wurde.
Hinweis: Der Gläubiger wird zudem dadurch geschützt, dass der Erbe auch dann unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haftet, wenn er absichtlich unvollständige oder unrichtige Angaben bei der Errichtung des Inventars gemacht hat. Auf Verlangen des Nachlassgläubigers kann der Erbe auch dazu verpflichtet sein, die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern.
Quelle: Saarländisches OLG, Beschl. v. 25.06.2025 - 5 W 33/25
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Bei landwirtschaftlichen Betrieben gelten nach der sogenannten Höfeordnung für die Erbfolge unter Umständen Sonderregelungen. Ob ein solcher Umstand vorliegt, musste das Oberlandesgericht Celle (OLG) bewerten. Denn wenn ein verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb seinen Hofstatus verliert, würden im Erbfall die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen Anwendung finden.
Der Erblasser war zu Lebzeiten Landwirt und gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer eines großen landwirtschaftlichen Anwesens. Die Eheleute hatten die Flächen 1998 von den Eltern der Ehefrau als sogenannten "Ehegattenhof" übernommen. Seit der Erkrankung des Ehemanns im Jahr 2014 wurde der Hof größtenteils verpachtet; Ackerflächen wurden fremd bewirtschaftet, ein Teil der Waldfläche blieb in der Bewirtschaftung der Familie. In einem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 2019 hatten die beiden einen ihrer beiden gemeinsamen Söhne als Hofnacherben vorgesehen. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Witwe ein sogenanntes Hoffolgezeugnis - einen Erbschein nach den Regelungen der Höfeordnung. Der weitere Sohn der Beteiligten war hingegen der Ansicht, dass es sich nicht mehr um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelte, da der landwirtschaftliche Betrieb schließlich seit über zehn Jahren vom Erblasser eingestellt sei.
Sowohl das Landgericht als auch das OLG stellten jedoch klar, dass allein eine Verpachtung nicht automatisch das Ende eines landwirtschaftlichen Betriebs bedeute. Entscheidend sei dabei vielmehr auf den Willen der Eheleute abzustellen, den landwirtschaftlichen Betrieb dauerhaft einstellen zu wollen. Hiergegen spreche in diesem Fall jedoch, dass die Eheleute noch im Jahr 2019 im gemeinschaftlichen Testament bestimmt hatten, dass einer der Söhne zum "Nacherben des Hofs" bestimmt werde. Dies spreche dafür, dass man von einer Fortführung des Betriebs ausgegangen sei. Nur wenn objektiv festgestellt werden könne, dass eine Wiederaufnahme der Landwirtschaft nicht mehr möglich wäre, könne von einem Wegfall der Hofeigenschaft gesprochen werden. Das Hoffolgezeugnis wurde der Witwe daher antragsgemäß erteilt.
Hinweis: Die Höfeordnung ist eine spezialgesetzliche Regelung des Erbrechts, die für landwirtschaftliche Betriebe in bestimmten Teilen Deutschlands gilt. Die Höfeordnung gilt unter anderem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg.
Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2025 - 7 W 8/25
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Dass der Tod junger Menschen das enge Umfeld meist noch heftiger trifft, als es der Verlust nahestehender Personen allgemeinhin bereits tut, ist nachvollziehbar. Welche Kosten für die Beerdigung dabei angemessen sind, war Gegenstand der folgenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG). Hier stritt sich ein getrenntes Paar als gesetzliche Miterben über die angemessene Höhe der Beerdigungskosten ihres Sohns.
Der Teenager verstarb im Alter von 16 Jahren infolge eines Verkehrsunfalls. Die Mutter organisierte die Beerdigung allein und entschied sich für eine Naturbestattung in einem Friedwald. Die hierfür entstehenden Kosten beliefen sich auf ca. 16.000 EUR. Der Vater zahlte zunächst 3.500 EUR, weigerte sich aber, sich an weiteren Kosten zu beteiligen. Die Kosten für die Beerdigung seien unangemessen hoch. Das Landgericht verurteilte den Vater des Verstorbenen zur Beteiligung an den Bestattungskosten in hälftiger Höhe. Hiergegen legte der Vater Berufung ein.
Das OLG erteilte dem Vater daraufhin einen Hinweisbeschluss, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, und begründete seinen Hinweis damit, dass Erben für die Bestattungskosten haftbar sind. Beide Eltern haften als gesetzliche Miterben ihres Sohns und müssen die notwendigen und angemessenen Kosten einer Beerdigung tragen. Die Angemessenheit orientiert sich zunächst an der Lebensstellung des Verstorbenen. Da der Sohn erst 16 Jahre alt war und noch keine eigene Lebensstellung erreicht hatte, orientierte sich die Angemessenheit der Kosten an der Lebensstellung der Eltern. Aufgrund des gezahlten Kindesunterhalts des Vaters konnte auf ein überdurchschnittliches Einkommen zurückgegriffen werden. Besonders betonte das Gericht aber auch die Unterschiede zu Bestattungskosten Erwachsener. Bei dem Tod von Jugendlichen sei die Trauer der Angehörigen oft intensiver, und die symbolische Bedeutung der Grabstätte müsse besondere Berücksichtigung finden. Emotionale Faktoren wie ein Baum zum "In-den-Arm-Nehmen" seien daher durchaus angemessen, auch wenn sie insgesamt teurer seien.
Hinweis: Geht es um die Frage der Übernahme von Bestattungskosten, müssen die Verantwortlichen nicht zwingend die günstigste Lösung wählen, solange die Kosten angemessen und nachvollziehbar sind.
Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.05.2025 - 3 U 4/25
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Was passiert, wenn der Erbe gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten durch eine gerichtliche Entscheidung zur Auskunft verpflichtet wird, dieser aber nicht nachkommt, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG). Das OLG musste auf Antrag einer Pflichtteilsberechtigten prüfen, ob und wie sie hier stattdessen selbst tätig werden kann.
Nach dem Tod der Erblasserin machte die Tochter Pflichtteilsansprüche gegenüber ihrem Vater geltend. Der Vater wurde schließlich auch aufgrund eines Versäumnisurteils zur Auskunftserteilung und Wertermittlung verurteilt und unter anderem dazu verpflichtet, den Wert von zwei Grundstücken durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens ermitteln zu lassen. Dieser Verpflichtung kam der Erbe aber nicht nach. Die Tochter beantragte daraufhin bei Gericht im Wege der Zwangsvollstreckung, selbst einen Gutachter beauftragen zu dürfen. Der Vater sollte zudem dazu verpflichtet werden, Zugang zu den Grundstücken zum Zweck der Wertermittlung zu dulden.
Sowohl das Landgericht als auch das OLG haben diesen Antrag jedoch zurückgewiesen. Kern der Auseinandersetzung war die Frage, ob es der Tochter möglich sei, eine sogenannte vertretbare Handlung notfalls selbst durch eine Ersatzvornahme durchführen zu lassen, wenn der Schuldner untätig bleibt. Das OLG stellte klar, dass die Wertermittlung einer Immobilie im Pflichtteilsrecht keine solche vertretbare Handlung im Sinne der gesetzlichen Regelung ist. Für die Wertermittlung sei es erforderlich, dass der Erbe selbst aktiv mitwirkt. Er muss Informationen liefern, Zugang gewähren und Dokumente zum Zustand der Immobilie beschaffen. Diese Angaben kann nur er selbst gegenüber einem Gutachter machen, weshalb diese Mitwirkung nicht ohne weiteres ersetzt werden könne. Der pflichtteilsberechtigten Gläubigerin bliebe in diesen Fällen daher nur die Möglichkeit, eine Zwangsvollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung durchzuführen. Als Mittel der Wahl stünden ihr die Beantragung von Zwangsgeldern und - für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden können - ein Antrag auf Zwangshaft zur Verfügung.
Hinweis: Nur ausnahmsweise wurde bei einem Wertermittlungsanspruch eine Vollstreckung im Wege einer Ersatzvornahme anerkannt. In einem Einzelfall konnte die Gutachtenvorlage von einem Dritten erfüllt werden, weil alle notwendigen Informationen für die Erstellung des Gutachtens bekannt waren und es lediglich einer Beauftragung eines Gutachters sowie der Bezahlung des Gutachters bedurfte.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 04.06.2025 - 10 W 84/25
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Zum Thema Familienrecht
- "Mussbeteiligte": Wer Pflichten auferlegt bekommt, muss am Umgangsverfahren beteiligt werden
- Elternunterhalt: Sozialhilfeträger erstreitet vor dem BGH Rückzahlung von Pflegekosten
- Gütertrennung: Zugewinnausschluss in Unternehmerehe ist möglich
- Prozesskostenhilfe: Kein Vaterschaftsfeststellungsverfahren ohne Anwalt
- Umgangsrecht: Sachverständige haften nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit
Wenn das Umgangsrecht von Kindern gerichtlich geregelt werden soll, sind alle Beteiligten anzuhören. Und mit "alle" sind auch alle gemeint. Sind etwa zwei Personen betroffen, dann reicht es nicht, wenn nur eine am Verfahren beteiligt wird. Denn dass sonst das, was beschlossen wird, keinerlei Gültigkeit besitzt, zeigt dieser Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).
Nachdem die Eltern sich getrennt hatten, lebten die Kinder (zehn und zwölf Jahre alt) erst bei der Mutter, dann beim Vater. Als der Vater jedoch später inhaftiert wurde, kam das ältere Kind zum Urgroßvater und das jüngere zu den Großeltern mütterlicherseits. Die Großeltern beantragten am 07.05.2024 die Übertragung der Vormundschaft für beide Kinder auf sich. Im Umgangsverfahren wurden die Großmutter und der Urgroßvater als Beteiligte angehört - der Großvater jedoch nicht. Mit Beschluss, der der Großmutter am 18.01.2025 zugestellt wurde, wurde daraufhin geregelt, dass der Vater den älteren Sohn jeden zweiten, den jüngeren jeden dritten Samstag im Monat sehen dürfe. Beide Großeltern wurden verpflichtet, die beiden Kinder jeweils zum Übergabetreffpunkt zu bringen und dort wieder abzuholen. Die Großeltern legten Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Die Regelung sei ihnen finanziell und logistisch unzumutbar.
Das OLG verwies die Sache zur nochmaligen Entscheidung an die Vorinstanz zurück, denn der Großvater hätte am Verfahren beteiligt werden müssen. Die Sache wurde daher fehlerhaft entschieden. Pflegepersonen des Kindes sind regelmäßig Mussbeteiligte, wenn das Familiengericht ihnen im Rahmen einer Umgangsregelung Pflichten auferlegen will. Hier wurde der Großvater schließlich mit den Pflichten "Bringen und Abholen" belastet. Die unterlassene Beteiligung des Großvaters sei zudem ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Das Gericht sei hier ohne weitere Sachprüfung einfach davon ausgegangen, dass der Großvater allen Pflichten Folge leisten könne und werde.
Hinweis: Wenn das Gericht Pflichten auferlegen will, muss sichergestellt sein, dass der Verpflichtete diese auch erfüllen kann. Das muss das Gericht ermitteln - tut es das nicht, kann und sollte Beschwerde gegen die Entscheidung einlegt werden.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.03.2025 - 6 UF 27/25
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Werden Eltern bedürftig, schulden ihnen die Kinder Unterhalt. Trotzdem können die Eltern auch staatliche Hilfen beziehen. Springen Sozialhilfeträger ein, gehen die Unterhaltsansprüche gegen die Kinder auf den Staat über - außer, das unterhaltspflichtige Kind hat ein Jahreseinkommen von maximal 100.000 EUR. Ein Sohn, dessen Einkommen knapp darüber lag, zog dagegen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).
Eine 1937 geborene Mutter bezog in der Zeit von Januar bis Dezember 2020 Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch von insgesamt rd. 7.000 EUR. Der Träger verlangte diesen Betrag vom Sohn der Mutter. Der Sohn verdiente im Jahr rund 118.000 EUR, also monatlich rund 5.800 EUR netto. Seine Ehefrau verdiente ebenfalls so viel. Mit der Tochter lebte man im abbezahlten und unbelasteten Einfamilienhaus. Die zwei anderen Kinder der Mutter wurden nicht auf Unterhalt in Anspruch genommen. Der Sozialhilfeträger klagte gegen den Sohn. Vor dem Amtsgericht bekam dieser noch Recht, vor dem Oberlandesgericht verhielt es sich umgekehrt, dieses entschied für den Träger. Und vor dem BGH?
Auch vor dem BGH gewann der Sozialhilfeträger. Daran ändert auch das am 01.01.2020 inkraftgetretene Angehörigen-Entlastungsgesetz nichts. Danach darf kein Rückgriff mehr bei Kindern genommen werden, die lediglich ein Jahreseinkommen bis zu 100.000 EUR haben. Dieser Ausschluss bedeute aber nicht, dass die Kinder zivilrechtlich nicht unterhaltsverpflichtet wären. Nur der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger wird ausgeschlossen, nicht aber der Unterhaltsanspruch der Eltern gegen ihr Kind. Daran gemessen konnte der Sohn zur Rückzahlung herangezogen werden, und der muss nun 6.200 EUR an den Sozialhilfeträger bezahlen.
Hinweis: Kinder, die über 100.000 EUR Jahreseinkommen haben, sind also bei dem Rückgriff durch die Sozialhilfeträger besonders "gefährdet". Sie sollten verstärkt darauf achten, dass bei der Berechnung des Rückgriffs ihr angemessener Selbstbehalt korrekt berechnet wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass sie im Endeffekt nicht zu viel bezahlen.
Quelle: BGH, Beschl. v. 07.05.2025 - XII ZB 563/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Ein Ehevertrag ist keine Seltenheit mehr, um im Scheidungsfall einen eventuellen Zugewinn zu schützen. Dieser Schutz steht Eheleuten auch in Unternehmerehen zu. Denn hier geht es oft um den Bestand des gesamten Unternehmens, dem manches Mal sonst eine Zerschlagung drohen könnte. Ob der Zugewinnausgleich im folgenden Fall allerdings wirksam ausgeschlossen worden war, konnte erst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Eine Unternehmensberaterin und ein Gesellschafter von verschiedenen Unternehmen seiner Familie heirateten. Sie vereinbarten Gütertrennung unter Ausschluss des Zugewinnausgleichs sowie des gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechts. Dabei orientierten sie sich an den Gesellschaftsverträgen. Nach zehn Jahren Ehe und drei Kindern ließen sich die Eheleute scheiden. Die Frau war abgesichert, denn ab einer Dauer von vier Ehejahren stand ihr eine monatliche Versorgung von 5.000 EUR zu, der Zugewinnausgleich war wirksam ausgeschlossen worden. Dennoch machte sie im Scheidungsprozess einen Zugewinnausgleichsanspruch geltend. Der Ausschluss im Ehevertrag sei unwirksam, da er einseitig zu ihren Lasten ginge und damit sittenwidrig sei. Damit drang sie vor dem BGH aber nicht durch.
Unternehmerische Interessen können legitime Beweggründe für eine Gütertrennung sein. Insbesondere bei sogenannten Unternehmerehen kommt dem Vermögensschutz ein hoher Stellenwert zu. Auch hat sich die Frau bei Vertragsschluss nicht in einer schwächeren Position befunden; sie war bereits studierte Betriebswirtin und konnte die finanzielle Tragweite des Ausschlusses also überblicken. Sie wurde bei Vertragsschluss - salopp gesagt - nicht über den Tisch gezogen. Sie war bei den Vertragsverhandlungen sogar anwaltlich vertreten worden. Der Ausschluss des Zugewinns war in Augen des BGH also wirksam erfolgt.
Hinweis: In Unternehmerehen kann der Zugewinnausgleich wirksam ausgeschlossen werden. Das unterliegt der Vertragsfreiheit. Es darf dabei aber keine Zwangslage oder Schwäche ausgenutzt werden, was den Ausschluss sittenwidrig machen würde.
Quelle: BGH, Beschl. v. 28.05.2025 - XII ZB 395/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Auch finanziell schwache Familien oder Personen müssen ihr Recht gerichtlich durchsetzen können. Dafür können sie Prozesskostenhilfe (im Familienrecht: Verfahrenskostenhilfe - VKH) beantragen, und ein Rechtsbeistand kann beigeordnet werden - sofern es die Sach- und Rechtslage erfordern. Ob eine Vaterschaftsfeststellung ein solches Erfordernis darstellt, musste das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) klären.
Ein minderjähriges Kind wurde vor Gericht durch das Jugendamt als Beistand vertreten. Das Jugendamt hat seinerseits einem Antrag auf Feststellung der Vaterschaft eines Mannes eingereicht. Dieser habe in der sogenannten "gesetzlichen Empfängniszeit" mit der Mutter des Kindes geschlechtlich verkehrt. Der Mann gab jedoch an, im Empfängniszeitraum nicht mit der Mutter verkehrt und zuvor im Iran eine Vasektomie durchgeführt zu haben. Die Mutter hatte noch einen weiteren Sexpartner, dieser ließ sich aber nicht ermitteln. Die Mutter beantragte die Bewilligung von VKH unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten für sich. VKH erhielt sie zwar, einen Anwalt jedoch nicht. Die Sache sei für sie schließlich einfach, die Mutterschaft stehe ja fest. Eine Beiordnung sei also nicht erforderlich. Die Mutter legte Beschwerde ein.
Das OLG legte dar, dass ein Anwalt dann auf Antrag beigeordnet wird, wenn wegen schwieriger Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Ob das der Fall ist, bestimmt sich auch nach den subjektiven Fähigkeiten des betroffenen Beteiligten. Bei einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei hingegen für alle Beteiligten regelmäßig eine Anwaltsbeiordnung geboten. Es können schließlich auch Zwangsmaßnahmen gegen den Kindsvater notwendig werden - etwa, um eine Anwesenheit im Termin zur Erörterung vor Gericht zu gewährleisten und eine Abstammungsuntersuchung durchzusetzen. Und all dies kann durchaus für eine schwierige Sach- und Rechtslage sorgen. Daher wurde der Mutter in diesem Fall durch das OLG auch ein Anwalt beigeordnet.
Hinweis: Im Vaterschaftsanerkennungsverfahren kann also von einer besonderen Schwierigkeit ausgegangen werden. Damit ist die Beiordnung eines Anwalts unproblematisch. Nutzen Sie die Beiordnung bei Bedürftigkeit, damit Sie angemessen vertreten sind.
Quelle: OLG Hamburg, Urt. v. 23.06.2025 - 12 WF 31/25
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Bei Scheidungen entbrennen bei der Regelung des Umgangsrechts oft regelrechte Schlammschlachten. Wird dafür ein Sachverständiger hinzugezogen und macht dieser in seinem Gutachten Fehler, kann dies zur Haftung des Sachverständigen führen, wenn ihm die Fehler nachgewiesen werden können. Eine solche Bewertung musste das Landgericht Saarbrücken (LG) treffen.
In einem Verfahren sollte ein Sachverständiger in einem Gutachten die Frage beantworten, wie das Umgangsrecht des Vaters mit den beiden gemeinsamen Kindern in Zukunft stattfinden solle. Das Familiengericht bat zur Vorbereitung einer Sitzung darum, das bisherige Ergebnis der Begutachtung vorab schriftlich zusammenzufassen. Dies tat der Gutachter und schilderte in einer Sachstandsmitteilung, dass aufgrund der vorliegenden Datenlage nicht abgeschätzt werden könne, ob und welche Art von psychischem Krankheitsgeschehen bei der Mutter vorliege. Es gäbe aber Hinweise auf eine kindeswohlgefährdende Lebenssituation durch einen möglichen erweiterten Suizid durch die Mutter. Ebenso sprach die Mutter von erlebter häuslicher Gewalt. Der Gutachter konnte diese Angaben aber nicht verifizieren. In der Folge wurde beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder entzogen und der Mutter sogar die Kontaktaufnahme verboten. Schlussendlich leben die Kinder nun beim Vater, nachdem sich Vater und Mutter hierauf einigten. Die Mutter verklagte den Gutachter dennoch auf Schadensersatz von ca. 15.600 EUR für ihr entstandene Sachverständigenkosten und auf ein angemessenes Schmerzensgeld von 75.000 EUR. Sie scheiterte damit aber vor dem LG.
Denn die Eltern führten eine Einigung über den Verbleib der Kinder herbei, noch bevor ein abschließendes Gutachten getroffen wurde. Zudem ließ sich nicht feststellen, dass der Gutachter vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hatte. Er hatte nur dargestellt, dass er keine Diagnose stellen und nichts ausschließen kann. Der Gutachter hat seine Einschätzung auf normalerweise verlässliche Kontaktpersonen gestützt. Eine grob fahrlässige Begutachtung scheidet daher aus. Der Mutter standen keine Ersatzansprüche zu.
Hinweis: Gerichtsgutachter können haften, aber nur, wenn sie fehlerhaft handeln. Möchten Sie Ansprüche gegen die Gutachter gelten machen, sind diese Fehler zu benennen und zu belegen.
Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 05.06.2025 - 9 O 229/22
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Zum Thema Sonstiges
- Haft und Schadensersatz: Kein Verjährungsschutz bei vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen
- Kein Schmerzensgeld: Auf Friedhöfen muss mit Unebenheiten und kleinen Stolperfallen gerechnet werden
- Ungültige AGB-Klausel: Trotz "Fund" und Rückgabe von 600.000 EUR geht Entrümpelungsfirma leer aus
- Unsichere Anlage empfohlen: Bank vermittelt Kundin falschen Eindruck zur Verlässlichkeit von Immobilienfonds
- Wer zahlt die Tür? Wer die Polizei in die eigene Wohnung ruft und dann nicht öffnet, haftet mit
Das Landgericht Lübeck (LG) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob sich ein ehemaliger Geschäftsführer auf Verjährung berufen kann, wenn er Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat. Es ging um eine gesetzliche Krankenkasse, die Schadensersatz verlangte, den die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für sie geltend machte. Dass der Mann für seine 41fache Veruntreuung der Sozialleistungen sogar ins Gefängnis musste, half ihm bei der Nachforderung nichts.
Der Geschäftsführer einer GmbH hatte zwischen 2016 und 2018 mehrere Beschäftigte nicht zur Sozialversicherung gemeldet und dadurch einige fällige Beiträge eingespart. Nachdem das Hauptzollamt den Missstand entdeckt hatte, übernahm die DRV daraufhin die Prüfung. Die DRV stellte im Januar 2020 schließlich fest, wie viele Beiträge fehlten. Im Insolvenzverfahren der GmbH erhielt die Krankenkasse jedoch nur einen geringen Anteil, weshalb sie im September 2022 vom Geschäftsführer persönlich knapp 187.000 EUR Schadensersatz für das Jahr 2016 einforderte. Dieser meinte hingegen, die Forderung sei verjährt. Die Klage sei nicht rechtzeitig zugestellt worden, unter der angegebenen Adresse habe er zudem nicht gewohnt.
Das LG sah das anders. Die dreijährige Verjährungsfrist habe erst Ende 2019 zu laufen begonnen - für einen Schaden, der aufgrund der unterbliebenen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2016 entstanden war. Hiervon hatte die DRV 2019 Kenntnis erlangt - und eben dies sei entscheidend, nicht etwa die Kenntnisnahme der Krankenkasse. Auch sei die Klage "demnächst" im Sinne des Gesetzes zugestellt worden - die Verzögerung durch die falsche Adresse sei der Klägerin nicht anzulasten. Zudem habe die Klägerin rechtzeitig Gerichtskosten gezahlt und das Verfahren nach der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers - er wurde 2023 wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt - wieder aufgenommen. Die Verjährung sei dadurch rechtzeitig gehemmt worden.
Hinweis: Wenn Arbeitgeber Beiträge zur Sozialversicherung nicht abführen, kann das teuer werden - auch noch Jahre später. Entscheidend für die Verjährung ist die Kenntnis der Rentenversicherung, nicht der Krankenkasse. Wer hofft, sich durch Formfehler der Haftung zu entziehen, hat schlechte Karten.
Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 25.04.2025 - 10 O 255/23
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Man pflanzt, zupft und gießt und plötzlich liegt man darnieder? Auf einem Friedhof gut möglich, wenn man nicht auf die naturgemäßen Unebenheiten achtet, die eine solche Ruhestätte nun einmal mit sich bringt. Das Landgericht Köln (LG) musste kürzlich entschieden, ob eine alte Dame nach ihrem Sturz auf einem Friedhof in Bergisch Gladbach dennoch einen berechtigten Anspruch auf Schmerzensgeld hat.
Die 79-Jährige war im Mai 2023 auf einem Friedhof vor einer Grabstelle gestürzt und hatte sich dabei den Oberschenkel gebrochen. Sie meinte, dass ein Betonsockel und Wurzeln durch Regen freigespült worden seien und dadurch eine gefährliche Stolperfalle entstanden sei. Diese Stelle habe sie nicht erkennen können. Die Stadt habe somit ihre Pflicht verletzt, für sichere Wege zu sorgen. Deshalb forderte die Frau 3.300 EUR Schmerzensgeld und klagte. Die Stadt sah das anders: Die Unebenheiten seien durchaus sichtbar gewesen, die Wurzeln hätten maximal eineinhalb Zentimeter aus dem Boden geragt, und auf einem Friedhof hätte die Frau mit derlei Stellen rechnen müssen. Außerdem sei der Unfall nicht auf einem Hauptweg passiert, sondern direkt an der Grabstelle.
Das LG schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts hatte die Stadt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn Fotos zeigten, dass die Stelle nicht gefährlich gewesen sei. Selbst auf normalen Gehwegen müsse man kleinere Höhenunterschiede von bis zu zwei Zentimetern hinnehmen - erst recht gelte das auf einem Friedhof. Dort müsse man mit Wurzeln, Bodenunebenheiten oder anderen natürlichen Hindernissen rechnen. Außerdem befand sich die Frau nicht auf einem Weg, sondern an einer Grabstelle. Wer sich dort bewege, müsse besonders aufmerksam sein.
Hinweis: Wer sich auf einem Friedhof bewegt, muss mit kleineren Unebenheiten rechnen. Eine Stadt muss nicht jede Wurzel oder jeden Sockel absichern. Nur bei klar gefährlichen Stellen besteht eine Pflicht, diese zu beseitigen oder zumindest zu kennzeichnen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 14.01.2025 - 5 O 245/24
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 08/2025)
So mancher Geschäftszweig bringt es mit sich, des Öfteren mit vollen Händen ins Glück zu fassen. In diesem Fall meldete eine Entrümpelungsfirma Anspruch auf einen Teil von über 600.000 EUR Bargeld an, das sie bei einer Wohnungsauflösung gefunden hatte - und zwar 100.000 EUR. Ob dieser stolze Betrag als Finderlohn oder mit Verweis auf eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu Recht eingefordert wurde, musste das Landgericht Köln (LG) bewerten.
Die Firma aus Bayern hatte die Wohnung einer Frau aufgeräumt, die nach Köln umziehen wollte. In der Wohnung fand das Team in Windelpackungen und anderen Verstecken Bargeld, Schmuck und Münzen. Insgesamt ging es um Werte im sechsstelligen Bereich. Laut AGB der Firma sollten alle Gegenstände in der Wohnung automatisch in ihr Eigentum übergehen, sobald die Arbeit beginnt. Die Firma gab das gefundene Geld aber auf Wunsch des Betreuers der Auftraggeberin an dessen Kollegin heraus. Später verlangte das Unternehmen dann doch noch Geld dafür - als Bezahlung oder wenigstens als Finderlohn.
Das LG sah für diesen Anspruch allerdings keine rechtliche Grundlage. Die Klausel in den AGB war schlichtweg unwirksam, da sie die Auftraggeberin unangemessen benachteiligt hatte. Niemand könne allein durch Vertragsklauseln einfach Eigentum an fremden Sachen erhalten. Das gelte besonders, wenn es um Wertgegenstände gehe, die an schwer zugänglichen Orten versteckt waren und bei einer normalen Wohnungsdurchsicht nicht auffallen konnten. Auch ein Finderlohn sei ausgeschlossen, weil das Geld nicht "verloren" gewesen sei. Die Wohnung und ihre Inhalte hätten weiterhin im dem Besitz der Auftraggeberin gestanden. Damit lag logischerweise auch kein Fund im rechtlichen Sinn vor.
Hinweis: Wertvolle Gegenstände in einer Wohnung gehören nicht automatisch der Entrümpelungsfirma. Wer sie findet, kann nicht ohne weiteres Eigentum oder Finderlohn verlangen. Ein klarer Vertrag oder eine besondere Vereinbarung wären nötig gewesen.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.05.2025 - 15 O 56/25
zum Thema: | Sonstiges |
(aus: Ausgabe 08/2025)
Geldanlagen werden durch die digitalen Angebote nicht unbedingt einfacher. Da ist es gut, einen versierten Berater an seiner Seite zu wissen. Oder etwa nicht? Das Landgericht Stuttgart (LG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Bank bei der Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ihre Beratungspflicht verletzt habe. Im Mittelpunkt stand die Beratung einer unerfahrenen Anlegerin, die ihr Geld sicher anlegen wollte.
Die Kundin hatte sich Anfang 2023 bei ihrer Bank beraten lassen, wie sie 20.000 EUR investieren solle. Sie wollte das Geld für mehr als fünf Jahre anlegen und erklärte, dass sie gewisse Risiken in Kauf nehmen würde. Die Bank entwickelte daraufhin eine Strategie mit vier Bausteinen: zwei Fonds, ein Zertifikat und ein Festgeld. Unter anderem empfahl die Bank zudem einen offenen Immobilienfonds - und genau hier sah das LG den Fehler. Die Kundin hatte keinerlei Erfahrung mit solchen Fonds. Die Bank hatte ihr jedoch den Eindruck vermittelt, dieser Fonds sei besonders sicher und könne als "sicherer Baustein" im Depot dienen - so wie ein Festgeld. Die Kundin kaufte daraufhin Anteile für 5.000 EUR. Später bemerkte sie, dass der Fonds keineswegs so sicher war, wie sie gedacht hatte. Sie fühlte sich falsch beraten und wollte ihr Geld zurück.
Das LG gab ihr Recht: Die Bank hätte deutlicher erklären müssen, dass ein offener Immobilienfonds kein Ersatz für ein Festgeld ist. Auch, wenn das Produkt als risikoarm eingestuft war, unterlag es dennoch Wertschwankungen. Das Risiko, dass sich der Wert verändert oder dass das Fondsmanagement Fehlentscheidungen trifft, gehörte dazu - das hätte die Bank der Kundin deutlich sagen müssen. Weil die Bank dies versäumt hatte, musste sie der Kundin das Geld erstatten. Einen zusätzlichen Anspruch auf entgangene Zinsen oder Gewinne gab es hingegen nicht, da nicht klar war, in welches andere Produkt die Kundin stattdessen investiert hätte.
Hinweis: Wer sich bei Geldanlagen unsicher ist, sollte vor dem Kauf unbedingt nachfragen, wie sicher ein Produkt wirklich ist. Auch vermeintlich "ruhige" Anlagen wie Immobilienfonds können im Wert schwanken. Banken müssen ehrlich beraten - besonders bei Kunden ohne Vorerfahrung.
Quelle: LG Stuttgart, Urt. v. 15.05.2025 - 12 O 287/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)
Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was wäre, wenn sich die Polizei bei einem Einsatz irrt und plötzlich im eigenen Schlafzimmer steht? Was in vielen Filmen für Schmunzler sorgt, war im Folgenden weder Irrtum noch witzig. Das Landgericht Köln (LG) musste im hier behandelten Fall entschieden, ob Mieter für die Schäden an der Wohnungstür haften können, die sie durch ihr Verhalten und den damit verbundenen Polizeieinsatz mitverursacht haben.
Ein Bauträger hatte eine Wohnung an eine Käuferin verkauft, die sie dann weitervermietete. Eben jener Mieter wohnte dort mit seinem Ehemann, als es im Juni 2021 zu einem heftigen Streit in den vier Wänden kam. Der Mieter selbst rief die Polizei und sagte am Telefon, dass sein Partner die Wohnung "auseinandernehmen" würde. Als die Polizei schließlich vor Ort eintraf, vernahm sie Lärm, der auf Streit hinwies. Sie klopfte und rief lautstark und gab sich zu erkennen - aber niemand öffnete. Schließlich brach die Polizei die Wohnungstür auf, weil sie von einem Fall häuslicher Gewalt ausgehen musste. Die Tür und besonders die Türzarge wurden dabei so stark beschädigt, dass sich die Reparatur auf über 17.000 EUR belaufen sollte. Die Eigentümerin der Wohnung wollte diesen Betrag von den Mietern zurück.
Das LG sprach ihr einen Teil davon zu. Dabei hatten die beiden Männer, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls in der Wohnung aufhielten, aber noch Glück und mussten "nur" rund 2.135 EUR zahlen. Sie hatten den Polizeieinsatz und damit auch die Türöffnung durch ihr Verhalten schlichtweg mitverursacht. Dass sie die Tür nicht selbst zerstört hatten, spielte dabei keine Rolle. Entscheidend war vielmehr ihr Verhalten, das den Polizeieinsatz notwendig gemacht hatte. Die Beamten hörten den Streit schon beim Betreten des Hauses und hatten gewarnt, dass sie Gewalt anwenden würden, wenn niemand öffnet. Laut Gericht war die Türöffnung daher rechtmäßig.
Hinweis: Wer durch eigenes Verhalten einen Polizeieinsatz auslöst, kann für die dabei entstandenen Schäden haften - auch wenn die Polizei die Schäden verursacht. Das gilt besonders bei Gewalt oder eskalierenden Streits in der Wohnung.
Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.04.2025 - 32 O 77/22
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(aus: Ausgabe 08/2025)
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